Caracol ist die größte archäologische Stätte der Maya im Westen von Belize. Weit abgelegen im tropischen Regenwald nahmen wir heute die lange Anreise auf uns, um diese bislang wenig besuchte Maya-Stätte zu erkunden.
Von San Ignacio nach Caracol sind es etwa 90 Kilometer in Richtung Süden. Noch vor einem Jahr benötigte man für diese Strecke rund vier Stunden – vorausgesetzt, man verfügte über ein geländegängiges Allradfahrzeug und die Witterungsbedingungen waren günstig.
Dank des fortschreitenden Ausbaus der Straße konnten wir die Fahrzeit heute jedoch nahezu halbieren.
Mit schwerem Gerät wird derzeit eine neue Trasse angelegt. Zukünftig werden zahlreiche Brücken, die nach Regenfällen oft unpassierbaren Flussläufe entschärfen.
Trotzdem erlebten wir noch genug von der sogenannten ‚Belizian Massage‘, wie unser Guide und Fahrer die holprige Strecke humorvoll nannte.
Nach zweieinhalb Stunden hatten wir es geschafft und waren die einzige Gruppe vor Ort.
Anhand eines 3D-Modells konnten wir uns vorab einen Überblick über die Ausgrabungen verschaffen. Durch LIDAR-Messungen (Laser Imaging, Detection and Ranging) wurde die Größe der Stätte auf etwa 20 Kilometer im Durchmesser bestimmt. Einschließlich der abgelegenen Bereiche erstreckt sich die Stätte über eine Fläche von 143 Quadratkilometern. Die Bevölkerungszahl wird während der klassischen Maya-Periode (250 – 950 n.Chr.) auf mehr als 140.000 geschätzt. Bis heute wurde lediglich ein Prozent der Stätte ausgegraben und für den Publikumsverkehr zugänglich gemacht.
Caracol wurde erst 1937 von einem Holzfäller entdeckt, der auf der Suche nach Mahagonibäumen war. Die Ruinen wurden ‚Caracol‘ genannt – spanisch für ‚Muschel‘ oder ‚Schnecke‘ – in Anlehnung an die alte gewundene Forststraße, die einst Zugang zu der Stätte bot.
Erst mit dem ersten offiziellen archäologischen Projekt, das in den Jahren 1984 bis 1995 durchgeführt wurde, begannen die Ausgrabungen im Zentrum von Caracol. Unseren Rundgang starteten wir bei den Plattformen, auf denen sich einst Wohnhäuser der Mittelklasse befanden.
Besonderes Glück hatten wir mit unserem Führer Leo, einem Maya und absoluten Insider, der seit 1990 selbst an den Ausgrabungen beteiligt war.
Unser weiterer Weg zum Hauptplatz führte uns an Plattformen vorbei, die bereits zum königlichen Palast gehörten.
Vom Hauptplatz aus lassen sich die Dimensionen des 45 Meter hohen Tempels des Königs, auch Caana oder ‚Himmelsplatz‘ genannt, nur erahnen.
Die Steilheit der Pyramiden ist beeindruckend, und die Höhe der Stufen ist selbst für uns großgewachsene Europäer kräftezehrend.
Dies hatte aber seinen Sinn darin, dass damals die kleinwüchsigen Mayas den Aufstieg nur kriechend und in Demut bezwingen konnten.
Erst von ganz oben, über den Wipfeln des Regenwaldes, lässt sich das Ausmaß des Tempels des Königs vollständig erfassen.
Besonders gut gefiel uns, dass alle Teile der Anlage, selbst die Gräber, frei zugänglich waren.
Als Nächstes besuchten wir die Astronomische Struktur. Von hier aus beobachteten die Mayas den Sonnenaufgang.
Durch diese Beobachtungen waren sie in der Lage einen Jahreskalender mit den Sonnenwendepunkten zum Sommer- und Winteranfang, sowie den Frühlings- und Herbstbeginn zu bestimmen.
Natürlich durften auch die Ballspielplätze nicht fehlen. Hier trainierte die Elite, um sich bei Auseinandersetzungen oder anderen Ritualen zu behaupten – häufig wurden die Verlierer den Göttern geopfert.
Unser Guide Leo vermittelte uns das Leben und die Kultur der Maya auf einzigartige Weise. So wurde der Besuch von Caracol trotz der langen An- und Abreise zu einem vollen Erfolg.
Auf der Rückfahrt legten wir auf halbem Weg bei den Rio On Pools einen Stopp ein. Ein erfrischendes Bad in der untergehenden Sonne ließen wir uns natürlich nicht entgehen.