Mit dem Wetter auf Utila hatten wir dieses Jahr wirklich kein Glück. Schon seit zwei Tagen kündigte sich eine Kaltfront mit starkem Wind und Regen an, die vom Golf von Mexiko bis zu den Bay Islands von Honduras reichte.
Bereits gestern war klar, dass es am Ankerplatz ungemütlich werden würde. Der Wind blies ablandig mit bis zu 20 Knoten bei ständig heftigen Regenschauern. Eine französische Segelyacht rutschte aufgrund des schlechten Ankergrunds – Schlick mit Seegras – bereits zweimal quer über den Ankerplatz. Wir bereiteten daher alles vor, um im Notfall sofort auslaufen zu können.
Ab 2 Uhr nachts wurde es dann richtig ungemütlich. Der Wind drehte langsam um 180 Grad auf Südwest und blies nun ohne Landschutz mit 25 Knoten in die Bucht. An Schlaf war nicht mehr zu denken. Bei Tageslicht war es schließlich so weit: Auch wir gingen auf Drift. Trotz 50 Metern Kette bei 5 Metern Wassertiefe hatte sich unser Anker aus dem Grund gelöst. Da noch mehr Wind vorhergesagt war, entschieden wir uns, auszulaufen, solange es noch möglich war.
Auf der Strecke nach Roatán frischte der Wind weiter auf. Konstant 30–35 Knoten mit Böen bis 40 Knoten von hinten schoben uns direkt in Richtung Ziel. Obwohl wir kein Segel gesetzt hatten, erreichten wir eine Geschwindigkeit von 5 bis 6 Knoten – wenn uns eine der bis zu drei Meter hohen Wellen erfasste, sogar bis zu 9 Knoten.
Die erste Hälfte der 32 Seemeilen langen Strecke regnete es ununterbrochen so stark, dass wir komplett durchnässt wurden. Selbst im Cockpit gab es keine einzige trockene Stelle mehr. Leider gibt es aus diesem Grund auch keine Fotos von dieser Phase.
Was für ein seltsamer Kontrast: plötzlich lösten sich die Wolken bei weiterhin konstantem Wind auf und wir näherten uns schnell der Küste von Roatan. Dort hatten wir Kontakt mit der Fantasy Island Marina aufgenommen, deren Team sich äußerst hilfsbereit und besorgt zeigte. Sie wollten sofort jemanden organisieren, der uns bei den schwierigen Bedingungen durch den schmalen Kanal über das Riff nach French Harbour begleitet.
Doch niemand wollte oder konnte mit einem kleinen Boot hinausfahren. Wir hatten uns bereits darauf eingestellt, weiter über offenes Wasser vor dem Wind zu segeln, bis sich das Wetter beruhigte. Dann kam der Anruf: Das Militär hatte sich bereit erklärt, uns zu helfen, und war bereits mit einem Schnellboot unterwegs.
Nach nur fünf Minuten Wartezeit vor dem Riff, war das Militärboot bei uns. Der Wind blies noch immer mit 30 Knoten, und trotz des inzwischen strahlenden Sonnenscheins war die Riffeinfahrt aufgrund der aufgewühlten See farblich nicht erkennbar.
Mit 2 × 300 PS und schwer bewaffnet eskortierten uns die Militärs durch den Riffkanal. Bereits nach wenigen Metern hinter der Riffkante wurde das Wasser absolut ruhig, und die restliche Fahrt nach French Harbour war ein Kinderspiel.
Dieses Bild eines uns unbekannten Fotografen wurde uns später von der Marina zugesandt, wie man sieht, bleibt hier nichts unbemerkt.
Nach einigen hundert Metern lag French Harbour, fjordähnlich geschützt, wie ein Ententeich vor uns. Während an der Wasseroberfläche fast Windstille herrschte, maßen wir an der Mastspitze immer noch 18 Knoten Wind. Zwei weitere Yachten hatten es bereits gestern Abend vor dem Sturm hierher geschafft und suchten hier ebenfalls Schutz.
Das war ein wahrhaft aufregender Tag für uns. Nach einem großzügigen Trinkgeld für unsere Helfer freuten wir uns nun auf eine ruhige Nacht.
Spannender Bericht. Toll, dass ihr das so gut gemeistert habt.
Habe mich gerade gefragt, was 50 Meter Kette wohl wiegen und vermute, dass man auf einem Segelschiffchen immer deshalb hinten sitzen muss, damit es vorne nicht zu tief eintaucht. 😉
J&B
Hallo Jürgen,
Unsere Ankerkette wiegt 2,3 kg/m, und davon liegen 70m vorn im Bug. Um das auszugleichen können schon 2 Personen hinten sitzen 😅.
Übrigens Honduras hat seit gestern jegliche maritime Abreise wegen schwerem Wetter bis auf weiteres ausgesetzt. Selbst die Fähren zwischen den Inseln und dem Festland verkehren seit gestern nicht mehr.
Gruß H & R
Pfui Deifel, da bleibt nur im Hafen und genießt Land, Leute und Kneipen. Wir drücken die Daumen.
J&B
Das war ja heftig! Wir freuen uns, dass ihr das geschafft habt. Und wie schön, wenn das Militär als Freund und Helfer auftritt. Gute Erholung und vor allem ruhigeres Wetter. Liebe Grüße Ingrid und Jürgen