Weiter geht unsere Reise in Richtung Süden zur nächsten Insel. San Andrés liegt nur 60 Seemeilen entfernt – und wenn alle Bedingungen stimmen, sollten wir diese Strecke eigentlich bei Tageslicht schaffen. Doch meistens kommt es anders, als geplant.
Obwohl beide Inseln zu Kolumbien gehören, benötigen wir für die Reise nach San Andrés ein nationales Zarpe. Dieses Dokument, ausgestellt vom Zoll oder der Hafenbehörde, bestätigt die legale Ausreise. Über unseren Agenten beantragten wir das Zarpe mit dem Abreisezeitpunkt Dienstagmorgen 5 Uhr. um San Andrés sicher bei Tageslicht erreichen zu können. Doch wir hatten die Rechnung ohne den Port Captain gemacht: Am Montagabend hatte er schlicht vergessen, das Zarpe zu unterschreiben. So erhielten wir das Dokument erst vier Stunden nach unserer geplanten Abfahrt. Nun hatten wir keine Chance mehr, unser Ziel bei Tageslicht zu erreichen – also wieder eine Nachtfahrt.
Um 18 Uhr, eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang, holen wir den Anker auf und motoren gegen den leichten Nordostwind aus der geschützten Bucht von Providencia.
Pünktlich zum Sonnenuntergang passieren wir die Riffe – unter dem Kiel liegt wieder tiefes Wasser. Der Wind weht mit nur 2 bis 3 Beaufort schwach aus achterlicher Richtung, sodass wir selbst mit allen Segeln nur langsam vorankommen. Immerhin können wir direkten Kurs auf San Andrés halten.
Kurz vor Vollmond taucht der Mondschein die Nacht beinahe in Tageslicht. Gemächlich gleiten wir durch die alte Dünung der letzten windigen Tage. Einzige Abwechslung: ein paar kurze Regenschauer und zwei Versorgungsschiffe, die mit frischen Waren auf dem Weg nach Providencia sind.
Zum Sonnenaufgang liegen noch immer rund 20 Seemeilen vor uns. Die berechnete Ankunftszeit hat sich inzwischen in den späten Vormittag verschoben.
San Andrés ist zu diesem Zeitpunkt bereits am Horizont sichtbar, doch mit seiner höchsten Erhebung mit nur 55 Meter, leicht zu übersehen.
Gegen 10:30 Uhr ist es geschafft. Nachdem wir direkt vor der Stadt geankert haben, treffe ich mich noch kurz mit unserem lokalen Agenten, der nun die weiteren Einreiseformalitäten übernimmt. Alles Weitere kann bis morgen warten.